Mittwoch, Mai 06, 2009

André Williams 5. Mai 2009 Bassy Berlin

Ein Interview mit André Williams findet ihr auf meiner Seite Popkontext.de



















Gestern sind alle, die sich für hippe Popmusikfans hielten, zu Casiotone for the Painfully Alone oder The Phantom Band gepilgert. Hätte ich beide auch gern gesehen, habe mich dann aber doch für den alten schwarzen Mann entschieden. Und das war gut so. Auch wenn er leider, leider, leider seine New Orleans-Hellhounds zu Hause gelassen hat und die holländische Begleitband eher eine okaye 0815-Kneipenband war, doch ein Erlebnis.

Williams, Jahrgang 36, hatte sich in den 50ern nach Abbruch der Schule und einem Abstecher bei der Navy entschieden, Entertainer zu werden. Er konnte nicht singen, hat sich aber mit schmutzigen Texten und feschen Anzügen à la Cab Calloway profiliert. Er hatte ein paar Hits, dann on und off für Motown gearbeitet (kam aber mit Barry Gordy nicht klar) und war immer irgendwie dabei - als Musiker, Autor und Produzent. Als er Anfang der 70er für Ike Turner arbeitete, entdeckte er seine Liebe zum Kokain und das war's dann erstmal für eine ganze Weile. Ende der 90er sammelten ihn dann junge weiße Fans unter einer Brücke in Chicago wieder auf und verhalfen ihm zu einer zweiten Karriere. Er kam beim Alternative Country-Label Bloodshot unter; bekam Unterstüzung von jungen Musikerkollegen wie Jon Spencer. Im letzten Jahr erschien ein Dolkumentarfilm über ihn, "Agile, Mobile, Hostile", in dem klar wurde, dass er noch immer mit seinen Dämonen kämpft.

Gestern wirkte er jedoch geistig fit, gut gelaunt und agil. Immer mit einem hinterlistigen Grinsen im Gesicht, aber auch dem bösen Blick hin und wieder sang er seine Songs - den schmutzigsten ("Let Me Put it in") widmete er seinem Tonmann. Das Publikum sah übrigens auch interessanter aus als auf durchschnittlichen Indiekonzerten. Viele Frauen, aber auch Typen richtig schick in 50s (oder whatever) Style aufgedonnert; eine Frau mit lustigen Zöpfchen war extra aus Spanien angereist, um den Gig zu sehen.

Irgendein idiotischer Fan wollte Williams dann ein Tannenzäpfle spendieren - er ist tapfer bei seiner Cola geblieben. Im Interview war er der liebe Opa. Obwohl er eigentlich ein rebellischer Geist ist no politics - ich wurde gebeten, ihn nicht nach Obama zu fragen (wollte ich auch nicht). Aber er hat sich auch früher schon aus solchen Sachen wie Bürgerrechtsbewegung rausghalten und zugesehen, wie er als Schwarzer im Geschäft mit dem Allerwertesten irgendwie an die Wand kommt - im System. "Race" ist für ihn trotzdem konstant präsent, wenn er spricht, zum Beispiel von seiner treuen neuen "young white audience". Er meint auch, dass das Publikum in den USA auch heute noch sehr nach Hautfarbe getrennt sei - schwarze Jugendliche gehen zu anderen Gigs als weiße. Interessant auch, wie er afrikanische Trommelrhythmen entdeckte, die er von Anfang an einsetzte: "I went to the library. Not only for music. That's where I got my education."

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