Dienstag, August 28, 2007

Marc Bolan - 30. Todestag

Queen's Ride, Barnes, London. Hier verunglückte der Musiker Marc Bolan (T. Rex) vor 30 Jahren tödlich. Noch immer besuchen Fans sein Grab, das seit einigen Jahren von der T. Rex-Action Group(TAG) gepflegt wird. Am 16. September, Bolans 30. Todestag, werden hier mehrere hundert Fans auflaufen.

Fotos: Barbara Mürdter












Ein Radiobeitrag hier.

Ein Artikel dazu in der taz hier.

Ein Porträt von Toni Visconti, in dem es auch um Bolan geht hier.

Marc Bolan
Glam Rock 1.0

Marc Bolan war Anfang der 70er mit T-Rex der erste Star des Glam Rock und hat die britische Independent-Szene nachhaltig geprägt. Ein Besuch an seinem Londoner Schrein. VON BARBARA MÜRDTER

Steigt man im Londoner Stadtteil Barnes aus der S-Bahn, hat man das Gefühl, in der Pampa gelandet zu sein. Nichts vom Trubel der Millionenstadt. Ein paar Schritte weiter, am Queen's Ride, ducken sich ein paar Häuser, die teurer sind als sie aussehen, im Wald. Vor der Brücke über die Gleise muss man genau Ausschau halten nach dem einzigen Plätzchen, das manche Touristen hier interessiert: Ein lädierter Baum, der voller vergilbter, in Plastikfolien gehüllter Bilder und Blumen hängt. Man huscht über die Straße und klettert über die rot-weiße Leitplanke. Dann steht man da, neben dem Baum und einem kleinen Schrein, der hier vor fünf Jahren errichtet wurde.

Er erinnert an einen der spektakulärsten Unfälle der Popmusikgeschichte: Am Morgen des 16. September 1977 war der gelbe Mini des Musikers Marc Bolan, gelenkt von dessen Geliebter Gloria Jones, von der Straße abgekommen, gegen einen Betonpfeiler geprallt und schließlich von einer Platane gestoppt worden. Gloria Jones kam mit einem Kieferbruch davon, Bolan war sofort tot. Der Platane ging es auch nicht so gut. Später war sie dann noch zusätzlich dem Hass der Fans ausgesetzt, die den Baum abhacken wollten, weil sie ihm die Schuld am Tod ihres Idols gaben. Auch Gloria Jones setzte sich aufgrund von Morddrohungen und Angst vor gerichtlichen Konsequenzen in die heimatliche USA ab.

Dieser Unfalltod kurz vor seinem 30. Geburtstag beendete die wilde Karriere des jüdischen Arbeitersohns Marc Feld aus London, dessen größter Wunsch es immer war, berühmt zu werden. Zunächst wurde der hübsche Bursche mit Sinn für schicke Kleidung ein "Face" in der Mod-Szene der frühen 60er Jahre. Für einen Sommer war sein Bild auf den Modezeitschriften der Stadt. 1965 nahm er eine Single auf, die er sogar in der beliebten Fernsehshow "Ready, Steady, Go" vorstellen durfte - ohne weitere Folgen. 1967 gründete er zusammen mit dem Perkussionisten Steve "Peregrin" Took die Band Tyrannosaurus Rex, spielte akustische psychedelische Musik und sang zumeist über Feen, Elfen und Hobbits.

"Marc gab den perfekten kleinen Hippie. Er trug kleine Westchen, sein Haar war lockig - er sah wie ein Zigeuner aus, trug zerrissene Klamotten, was damals sehr angesagt war. Er hatte seine Haare wachsen lassen. Ihm war sein Image sehr bewusst," erzählt sein Produzent Tony Visconti, der die Band und Bolan zu dieser Zeit kennenlernte und sie bis 1974 begleiten sollte. Das Zielpublikum der Tolkien- und Märchenfreunde war allerdings nach drei eingespielten Platten abgeschöpft, und die Hippieära ging 1970 sowieso ihrem Ende entgegen. Bolan begann mit der elektrischen Gitarre zu experimentieren und stockte die Band um Schlagzeug und Bass auf. Visconti beobachtete auch eine Veränderung in seinem Auftreten: "Er wurde in den Interviews aggressiver und forderte mehr Aufmerksamkeit für sich ein. Was allerdings noch fehlte, war der Hit."

Mit "Ride a White Swan" besann sich Bolan, der sich jahrelang an vertrackten Songs abgearbeitet hatte, auf den simplen Rock'n'Roll der 50er. Visconti packte ein Streicherquartett auf den Track, um ihn moderner klingen zu lassen. Fertig war der erste Erfolgssong der Band, die sich jetzt T. Rex nannte. Soundtüftler Visconti experimentierte damit, die Gitarrentracks mehrfach übereinander zu legen: "Heute klingt es vielleicht etwas dünn, weil Bands wie The Darkness fünfzehn Tracks übereinander packen. Aber damals war es das erste Mal, das man versuchte, so einen fetteren Sound zu erzeugen." Bolan schrieb Texte, die nicht immer Sinn machten - aber sie hatte schöne Refrains zum Mitsingen. In Variationen sollte das für die nächsten zwei Jahre als Strickmuster dienen. "Als wir ,Metal Guru' schrieben, hatten wir unseren Sound endgültig gefunden und wussten auch genau, was wir taten", meint Visconti über den vierten und letzten Nr. 1-Hit der Band von 1972: "Bolan war eine Hitmaschine."

"T.Rextasy" brach aus - mit ähnlichen Zügen wie die "Beatlemania". Die Kids konnten zur Musik von T.Rex tanzen, was seit Jahren nicht mehr möglich gewesen war, hatte man doch eher auf die Würdigung musikalischer Virtuosität Wert gelegt. Und sie hatten jemandem zum Anschmachten. Das taten Männlein wie Weiblein, denn Bolan hatte auch sein Image radikal gewandelt: Er betonte jetzt seine hohe Stimme und seine elfenhafte Figur, trug Damenschuhe, seidene Hosen und Glitzer auf den Wangen. Musik und Image lieferten die Blaupause für ein musikalisches Phänomen, was vor allem Europa in den frühen 70ern in Atem halten sollte: Glam-Rock.

David Bowie sagte Jahre später, Bolan sei derjenige gewesen, der die Tür für seine Interpretation des Glam Rock aufstoßen hätte: "Das Gute daran war aber, dass wir sahen, dass er es nicht ganz kapiert hatte. So eine Art Glam 1.0. Wir saßen schon längst in den Startlöchern mit den Versionen 1.01 und 1.02, während sich Marc noch mit Satin abkämpfte." Bald begann Bowie, Freund aber auch Konkurrent, Bolan zu überholen - mit der vollendeten Umarmung des postmodernen Space Age in Gestalt von Ziggy Stardust. Bolan hatte zwar als Glam Rocker immer mehr hergemacht als Slade und Garry Glitter, die aussahen wie Bauarbeiter in Drag oder ältliche Las-Vegas-Entertainer, aber so futuristisch, radikal und bizarr wie Bowie war er nie. Es ist immer etwas von seinem alten Hippie-Gestus an ihm kleben geblieben.

Visconti verließ T. Rex 1974. Er sah keinen Veränderungswillen mehr bei Bolan: "Er meinte: ,Lass uns noch so ein Album machen, für die Fans.' Aber ich sah an den Verkaufszahlen, dass wir nicht mehr so viele Fans hatten." Ein Jahr später rappelte sich der gefallene Star wieder etwas auf, als er erfuhr, dass er Vater wurde. 1977 feierte er mit T.Rex noch eine erfolgreiche Englandtour in großen Hallen. Als Vorband stand schon die nachfolgende Musikergeneration auf der Bühne: die Punkband The Damned.

Welchen nachhaltigen Eindruck Bolan hinterließ, lässt sich zum einen an der späten Anerkennung des einst belächelten Teenageridols durch die Musikwelt ablesen. Viele britische Punk- und Independent-Musiker, die in den frühen 70ern noch Teenager waren, beziehen sich auf Glam und speziell Bolan als prägenden Einfluss - auf seine sexuelle Ambivalenz, auf seinen antiautoritären Habitus, auf die Selbstverständlichkeit, mit der er ausdrückte: Jeder kann ein Star sein. Die Smiths ließen sich Mitte der 80er für ihren Song "Panic" von "Metal Guru" inspirieren. Siouxsie Sioux, die noch zu Bolans Lebzeiten "20th Century Boy" gecovert hatte, sagte vor kurzem, nach Elvis Presley gefragt: Beim Stichwort "30. Todestag" falle ihr erst einmal Marc Bolan ein.

Zudem lebt Glam als Genre bis heute weiter: The Darkness und The Ark schwelgen in der opulenten Glitzerästhetik ebenso wie unzählige kleinere Bands wie die New Yorker Semi Precious Weapons, die Visconti und der ehemalige T. Rex-PR-Mann B. P. Fallon unter ihre Fittiche genommen haben.

Nach dem Bolan verstorben war, lebte der Fan-Kult um ihn als erst richtig auf: Es gibt bis heute zahlreiche "Conventions" und "Bops", auf dem ihm im Kollektiv gehuldigt wird. "Sogar Leute aus Deutschland und Japan waren gekommen," erzählt Fee Warner über ihr erstes Fantreffen Ende der 70er. Seit sie mit 11 Jahren "Ride a White Swan" bei "Top of the Pops" gesehen hatte, ist Warner Fan. Als sich ihre Umfeld über ihre tiefe Trauer nach "Marcs" Tod lustig machten, beschloss sie, sich mit Gleichgesinnten zusammenzutun. Heute leitet Warner die "T. Rex Action Group" (TAG), einen der zahlreichen konkurrierende Fanclubs, die sich im Netz tummeln. Aus einem Erbe bezahlte sie die Bronzebüste von Bolan, die sie am Unfallort aufstellen ließ.

Am 16. September werden sich Hunderte Fans, alt und jung und zum Teil sogar aus Übersee eingereist, an der Bolan-Kultstelle am Queen's Ride drängeln. Mitglieder der TAG und verschiedene Gastmusiker werden den ganzen Tag Bolan-Weisen zum Besten geben. Die Nachbarschaft wird es gelassen sehen - sie ist die Jünger- Aufläufe seit 30 Jahren gewohnt.

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Mittwoch, August 22, 2007

Tegan and Sara

Tegan Quin

Sara Quin

Das kanadische Zwillingspaar Tegan und Sara Quin sind mit ihrem jüngst erschienen fünften Album „The Con“ schon fast Veteraninnen der Musikszene. Dabei sind sie erst 1980 geboren. Mit 18 veröffentlichten sie ihr erstes, selbstfinaziertes Album, nachdem sie einen Musikwettbewerb gewonnen hatten. 2000 verhalf ihnen Neil Young zu einem Vertrag auf seinem Label Vapor Records. Und nahm sie mit auf Tour. Danach spielten sie als Support für Rufus Wainwright, Ryan Adams oder die Killers und Hot Hot Heat auch in Deutschland. Zu größerer Medienaufmerksamkeit kamen sie mit ihrem Vorgängeralbum "So Jealous", dessen erste Single "Walking With a Ghost" von den White Stripes gecovert wurde.

Jetzt ist das Schwesternpaar, das sich von Anfang an als Gegenbild zu Britney Spears sah, zum ersten Mal als Hauptact bei uns zu sehen. Aufgrund des großen Interesses mussten die Shows in Hamburg und Berlin schon in größere Clubs verlegt. Allerings waren die ursprünglich geplanten Clubs auch kaum größer als, nun ja, sagen wir zwei Handtücher.


Fans warten vor der ausverkauften Bush Hall in London

21.08.2007 Hamburg, Molotow
24.08.2007 Berlin, Zapata
25.08.2007 Köln, Studio 672
26.08.2007 München, Ampere

Interview (Ausschnitte)

Mit eurem vorhergehenden Album habt ihr zum ersten mal größere Aufmerksamkeit erregt. War es jetzt schwierig, das neue Album zu machen, so eine Art "Zweites-Album-Symptom"?

Es kann durchaus sein, dass es viele Leute, die uns erst mit dem letzten Album kennengelernt haben, das jetz als unserer zweites Album angesehen haben. Aber wir sind da rangegangen wie an die anderen Album zuvor auch. Ich habe keinen zusätzlichen Druck verspürt. Wenn überhaupt war ich eher gelassener, weil ich das Gefühl hatte, mehr Leute verstehen, was wir machen, dass wir einfach loslegen können und die Platte machen, die wir wollen, weil die Leute uns verstehen würden.

Du lebst in Toronto und Sara in Montréal. Wie tauscht ihr euch aus und schreibt eure Songs?
Selbst als wir noch in der gleichen Stadt gewohnt haben, haben wir nicht zusammen geschrieben. Wir schreiben und nehmen separat auf und schicken uns das dann gegenseitig zu.
Als ich zum Beispiel the con geschrieben habe habe ich das in 7 oder 8 Stunden aufgenommen und das Sara geschickt. Sie hat dann das Ganze noch editiert, zusätzliche Vocals und Gitarren aufgenommen und dann war der Song fertig. So etwa schreiben wir jetzt fast immer.
Ihr seit politisch engagiert und äußert euch in Interviews dezidiert zu politischen Dingen. Warum geht es in euren Texten ausschließlich um Beziehungen?
Zumindest in der westlichen Welt sind wir sicher mit solchen Sachen wie Umweltzerstörung und Versagen in der Politik beschäftigt. Aber wenn man ehrlich ist ist doch was uns letztendlich am meisten am Herzen liegt unsere Gesundheit und unsere Beziehungen. Dessen machen sich auch Sara und ich schuldig. Wenn es ums Schreiben geht, konzentrieren wir uns ganz egozentrisch auf unsere Gefühle von Zuneigung und Liebe – das ist der Platz in unserem Leben, wo wir das richtig ausleben können
Außerdem ist das, was wir machen, einfach auf die Bühne zu gehen als das was wir sind – Frauen im Rockgeschäft, und Lesben, die das nie versteckt haben – das ist schon ein gewaltiges Statement. Und ein Song wie i was married, der Song ist schon sehr direkt in dem er beschreibt, dass du diese wunderbare Verbindung zu einem anderen Menschen hast, den du liebst und dem du dein Leben widmest, und dir all diese Dinge klar machst, aber ein großer Teil der Welt nicht notwendigerweise damit einverstanden ist. Das ist schwer, wenn du jemanden so sehr liebst, dass du das nicht mehr kontrollieren kannst, dass diese Liebe einfach wie ein Magnet ist, etwas das passiert und die Leute denken, das ist deine *Entscheidung*, oder das sie denken was du machst ist gegen den Willen Gottes.“
Ihr repräsentiert auf der Bühne natürliches Selbstbewußtsein und Stärke. Viele junge Fans sehen euch als Rollenvorbild. Wie fühlt sich das für euch an?
Ich kann damit gut leben, ein role model zu sein. Sara und ich sind sehr vernünftig und wir arbeiten hart. Wir haben mit 17 die Oberschule abgeschlossen und haben unsere eigene Platte finanziert. Wir sind jetzt seit 10 Jahren dabei. Wir sind beide in Beziehungen und kümmern uns um unsere Familie. Wir machen keine Party. Der Alkohol hier im Backstage gehört der Vorband. Wir trinken nicht Backstage und sehr selten auf der Tour. Ich glaube wir sind gute Vorbilder. Unser Hauptziel im Leben ist es, gute Musik zu machen, ob das im Studio ist oder live. Wir sind sicher eine Band, an der man sich durchaus orientieren kann. Wir wissen was wir wollen und wir sind echt. Ich glaube, das man das merkt.
Was hebt euch von anderen Bands ab?
Es gibt einfach so viele Bands, auch richtig tolle, und da ist es schwierig. Viele klingen auch wie hundet andere. Sara und ich versuchen ungewöhnlich zu klingen, und es gibt nicht viele Frauen die wie wir klingen. Wir singen anders und habe eine sehr eigene Bühnenshow, aber daran haben wir auch 10 Jahre gearbeitet, um unseren eigenen Sound zu finden.
Könnt ihr von dem was ihr macht inzwischen leben? Zahlt euch Vapor genug Vorschüsse?
Die Plattenfirma zahlt uns nichts und wir mussten lange kämpfen. Wir touren zwei Drittel des Jahres und davon leben wir. Das ist bei Bands heute so. Vapor hat uns also nicht mit Geld geholfen, sondern damit unterstützt, das sie uns Zeit gegeben haben uns zu entwickeln, und das war viel mehr Wert als Geld. Sie haben uns fünf Platten für die Entwicklung zugestanden wo die meisten Bands heute eine einzige bekommen und wenn die nicht erfolgreich ist heißt es 'und Tschüss'. Vapor sagte, macht einfach weiter.

Audio:
Beitrag zu Tegan and Sara hören.

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